Mieten in Hildesheim immer teurer

DGB und Mieterbund fordern mehr bezahlbaren Wohnraum


Hildesheim – Nicht nur in den Metropolen, auch in Hildesheim wird Wohnraum immer teurer. Gewerkschaften und Mieterbund fordern jetzt von der Stadt einen Kraftakt, um den Missstand zu beheben.



So darf es auf dem Wohnungsmarkt nicht weitergehen, sagen Claudia Wedemeyer und Volker Spieth vom Mieterbund und Ruben Eick und Torsten Hannig vom DGB.
Foto: Werner Kaiser

In Hildesheim fehlt Wohnraum. Vor allem Wohnraum, der bezahlbar ist. Torsten Hannig, Regionsgeschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbunds für Niedersachsen-Mitte, spricht von einer „katastrophalen Lage“, unter der vor allem einkommensschwache Menschen zu leiden hätten. Und das seien immerhin 26 Prozent der Bevölkerung.

In einer konzertierten Aktion mit dem Mieterbund fordern beide Verbände nun die Stadt auf, selbst aktiv zu werden und dringend gegenzusteuern. Schon 2018 habe das Wohnungsversorgungskonzept angemahnt, dass bis 2025 etwa 1500 Wohneinheiten fehlen werden – passiert sei bislang nahezu nichts.

Viel zu wenig kleine Wohnungen
Benötigt würden vor allem kleine Wohnungen bis zu 60 Quadratmeter Fläche: In Hildesheim machen sie 28 Prozent aller Wohnungen aus, in Göttingen sind es zum Vergleich fast 40 Prozent. 2017 bestanden laut einer Analyse der NBank 53,8 Prozent der Haushalte aus einer Person, 29 Prozent aus zwei und 8,7 Prozent aus drei Personen. Dringend gebraucht würden auch altengerechte Wohnungen sowie Wohnungen für große Familien: Seit zwei Jahren, erzählt Mieterbund-Geschäftsführer Volker Spieth suche eine achtköpfige Familie, die derzeit auf 80 Quadratmetern lebt, eine passende Bleibe. Bislang vergeblich.

Die Gründe für den Wohnraummangel sind vielfältig: Lange drängten Menschen aus dem ländlichen Raum in die Stadt; diese Tendenz habe sich allerdings wieder umgekehrt. Die Zahl von Studenten, die günstige Wohnungen suchen, steigt weiter. Auch in Hildesheim hätten laut Spieth private Wohnungsbaugesellschaften Wohnraum entmietet und zu Luxusquartieren umgebaut. Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft hingegen sei zerschlagen worden – „ein Riesenfehler“, so Hannig. Lokale Baugesellschaften allein könnten den Nachholbedarf nicht decken, auch wenn, so Spieth, im Ostend nun sozialer Wohnungsbau geplant sei.

Aufschlag bei Neuvermietung
Mietpreise für Wohnungen im Bestand lägen mit etwa 6 Euro pro Quadratmeter noch im Rahmen, bei Neuvermietungen gebe es dann aber Preissprünge auf bis zu acht Euro. Bei Neubauten im Hochpreissegment würden mehr als zehn Euro verlangt. „Wir wollen nicht, dass Lohnsteigerungen, die wir in Tarifrunden aushandeln, zu 100 Prozent an private Wohnungseigentümer weitergegeben werden“, wettert Hannig.

Durch Corona gebe es derzeit kaum Bewegung auf dem Wohnungsmarkt, die Situation sei regelrecht „eingefroren“, so Spieth. „Nur die Mieten steigen weiter.“ Die Politik nehme das Thema nicht ernst genug. Vor drei Jahren sei im Rat die Einstellung eines Wohnungslotsen beschlossen worden, da ist er bis heute nicht. Nun den Wasserkamp als Baugebiet in den Vordergrund zu rücken, sei die falsche Priorität, meint Spieth mit einem Seitenhieb auf Oberbürgermeister Ingo Meyer. Bauen im Hochpreissegment helfe nicht, die Situation zu entschärfen.

Aktionstag fällt aus
DGB und Mieterbund fordern, die kommunale Bautätigkeit anzukurbeln, öffentliche Grundstücke nach Erbbaurecht und Aufträge nur tarifgebunden zu vergeben. Für Wohnungen, bei denen die Sozialbindung ausläuft, müsse ein Ausgleich geschaffen werden. Denkbar auch eine Mietpreisbremse oder eine Zweckentfremdungssatzung, Angebote wie Wohnen auf Probe oder Umzugshilfen. Viel mehr als einen Appell können beide indes nicht machen. Ein geplanter Aktionstag hatte im März stattfinden sollen. Er fiel aus wegen Corona.

(c) 2020 Hildesheimer Allgemeine Zeitung vom 24.11.2020
Marita Zimmerhof