Widerstand gegen „Hohnsenhöfe“: Mieter wollen höhere Umzugshilfen

Die meisten Wohnungen, die für das Projekt abgerissen werden müssten, sind leer – doch einige Bewohner wollen mehr Geld / Firmenchef Lüder: „Es gibt Grenzen der Wirtschaftlichkeit“

Die Tochter-Firma der Lüder-Gruppe, die an der Ecke Hohnsen/Renatastraße die „Hohnsenhöfe“ plant, stößt auf Widerstand. Zwar stehen die meisten Wohnungen in den Mehrfamilienhäusern, die für das Projekt abgerissen werden sollen, inzwischen leer, weil sich die Bewohner mit dem Unternehmen geeinigt haben; einige waren auch schon vorher ausgezogen. Doch mit sieben Mietparteien gibt es noch kein Einvernehmen.

Zwei davon haben nun gegenüber der HAZ erklärt, sie erwarteten eine höhere finanzielle Entschädigung. Firmenchef Sebastian Lüder sagte auf Anfrage, er wolle eine einvernehmliche Lösung: „Aber es gibt Grenzen der Wirtschaftlichkeit.“

Konkret müssten für die Hohnsenhöfe fünf Gebäude weichen: Die Häuser Renatastraße 1, 1b und 2 stehen bereits leer, im Hohnsen 60 und 60a ist ein Drittel der knapp 20 Wohnungen verwaist. Das Lüder-Unternehmen hat den Mietern angekündigt, im Frühjahr 2021 mit den Bauarbeiten loszulegen. Die Firma bietet den Bewohnern – wie schon in der Renatastraße – jeweils 5000 Euro als Umzugsunterstützung an, eine Immobilienverwaltung hilft ihnen bei der Suche nach einer anderen Wohnung.

Doch das, was die Firma anbiete, passe nicht, sagt eine 62-Jährige – weil die Wohnungen in ganz anderen Stadtteilen oder sogar außerhalb Hildesheims lägen und die Miete deutlich teurer sei als die jetzige. Auch die Höhe der Umzugshilfe reiche nicht. Das sieht ein Paar, das sich wie die 62-Jährige vom Mieterverein beraten lässt, genauso: Der Betrag wiege die Kosten, die durch einen Umzug entstünden, bei weitem nicht auf; er müsse höher sein.

Mieterverein-Geschäftsführer Volker Spieth sieht dafür auch Luft. Lüder verdränge die Mieter aus bezahlbarem Wohnraum – die Kaltmiete betrage im Schnitt knapp sechs Euro pro Quadratmeter – und dürfe auf eine hohe Rendite hoffen: „Das ist eine Investition in Betongold.“ Eine Kritik, die Sebastian Lüder auf die Palme bringt: Sein Unternehmen wolle 43 Wohnungen, die „energetisch eine Katastrophe“ seien, durch 100 moderne, barrierefreie in einer Größe von 20 bis 75 Quadratmetern ersetzen. „Genau das, was in Hildesheim fehlt.“ Ginge es nach Menschen wie Spieth, käme die Stadtentwicklung zum Erliegen, es dominierten Plattenbausiedlungen wie in der DDR, die irgendwann zusammenfielen. Auch Spieths Vorwurf, er lasse in Zeiten der Wohnungsnot Dutzende Wohnungen über längere Zeit leer stehen, weist Lüder zurück: „Wir lassen sie nicht leer, weil wir spekulieren, sondern weil wir nicht schneller vorankommen mit dem Projekt.“

Bei dem setzt der Unternehmer nach wie vor auf Einvernehmen statt auf juristische Mittel: „Das gelingt auch – sonst hätten wir das wohl kaum bei mehr als 30 Wohnungen schon hinbekommen.“ Die von Spieth vertretenen Mieter sind ebenfalls nicht scharf auf eine juristische Auseinandersetzung. Sie würden am liebsten im Hohnsen wohnen bleiben, sagen sie – doch wenn sie schon ausziehen müssten, sollten ihre Interessen ausreichend berücksichtigt sein. Das gilt umgekehrt auch für Lüder: Irgendwann rechne sich das Vorhaben nicht mehr, dann würden die Häuser nur kernsaniert, betont er. „Doch das wäre eine verpasste Chance für Hildesheim.“ Die Stadtverwaltung ist dem Projekt gegenüber aufgeschlossen; demnächst steht der nächste Termin mit Lüder zur Feinabstimmung an.
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(c) 2020 Hildesheimer Allgemeine Zeitung Webseite vom 01.03.2020
Rainer Breda