Die unterschätzte Wintergefahr

Gedrosselte Heizungen
In diesem Winter steigt in Hildesheimer Wohnungen die Schimmelgefahr

Hildesheim – Viele Hildesheimer wollen wegen der hohen Energiepreise in diesem Winter weniger heizen. Die Folge: Schimmel kann sich leichter bilden. Was ein Arzt und ein Mietexperte aus Hildesheim zu dem Problem sagen – und was sie Betroffenen raten.

Wegen der hohen Energiepreise wollen 56 Prozent der Menschen in Deutschland in diesem Winter weniger heizen, das hat im Herbst eine Umfrage des Marktforschungsinstitutes Yougov ergeben. Doch damit ist auch eine Gratwanderung verbunden: Je kälter die Räume werden, desto stärker steigt die Gefahr, dass sich dort Feuchtigkeit absetzt und Schimmel bildet – und der kann unter Umständen sehr gesundheitsschädlich sein.

Darauf weist Lungenfacharzt Dr. Michael Hamm hin, der Leiter der Klinik für Pneumologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin im Helios Klinikum Hildesheim. „Ganz können wir den Kontakt mit Schimmel nicht vermeiden“, sagt er zwar, „und für gesunde Menschen ist dieser Kontakt, zum Beispiel bei der Gartenarbeit, in der Regel auch kein Problem.“ Durch Befall in Wohnungen würden die Bewohnerinnen und Bewohner dem Schimmel allerdings dauerhaft und intensiv ausgesetzt. Das kann laut Hamm vor allem für alle Patientinnen und Patienten gefährlich werden, deren Immunsystem geschwächt ist. Für die kann eine Schimmelpilzinfektion, auch Aspergillose genannt, sogar lebensbedrohlich sein. Dann sei oft eine Behandlung mit Pilzmedikamenten über einen langen Zeitraum nötig.

Erhöhtes Risiko bei Vorerkrankungen

Ein erhöhtes Risiko tragen auch alle Menschen, deren Lungen durch unterschiedliche Krankheiten vorgeschädigt sind, zum Beispiel durch COPD oder Asthma. Bei ihnen ist der Pilzbefall im Lungengewebe oft lokal begrenzt, so dass neben Pilzmedikamenten auch Operationen als Therapie infrage kommen.

Die dritte Personengruppe, die durch Schimmel krank wird, entwickelt Allergien – die werden dann vor allem mit Cortison behandelt. Bevor die Therapie starten kann, muss die Schimmelinfektion allerdings erkannt werden. Und das ist oft nicht einfach, weil die Symptome denen anderer Lungenkrankheiten ähneln können. Hamms Appell lautet daher mit Blick auf die möglicherweise erhöhte Gefahr in diesem Winter: „Wer Beschwerden wie Bluthusten hat, sollte auch an die Möglichkeit denken, dass sie durch Schimmel ausgelöst sein könnten.“

Baumangel oder falsches Verhalten?

Dass Probleme mit Schimmelbefall in Wohnungen im Winter zunehmen, bemerkt zu dieser Jahreszeit immer wieder der Mieterverein Hildesheim. Geschäftsführer Volker Spieth rät allen Mieterinnen und Mietern, einen Befall sofort dem Vermieter zu melden. Der Schimmel sollte in jedem Fall zügig beseitigt werden. Ein Experte unterstützt den Mieterverein bei der Ursachenforschung. Denn Schimmelbildung kann zum einen an Baumängeln liegen, dann trägt der Eigentümer die Verantwortung. Oder an falschem Heizen und Lüften, dann müsste der Mieter sein Verhalten ändern. Spieth nennt ein Indiz, das oft auf Baumängel hindeutet: „Wenn auch der Vormieter oder Nachbarn schon Probleme mit Schimmel hatten.“

Die Verbraucherzentrale Niedersachsen gibt folgende Tipps gegen Schimmelbildung:

Alle Wohn- und Schlafräume – auch ungenutzte – tagsüber auf mindestens 16 Grad heizen.

Mehrmals am Tag mit Quer- oder Stoßlüften für frische Luft sorgen; im Winter reichen drei bis fünf Minuten.

Zwischen unterschiedlich stark geheizten Räumen die Türen schließen, sonst gelangt Feuchtigkeit mit warmer Luft in kühlere Zimmer.

Nach dem Baden, Duschen und Kochen sofort lüften, so kann die feuchte Luft direkt entweichen.

(c) 2022 Internetseite Hildesheimer Allgemeine Zeitung vom 16.12.2022 – 17:46Uhr
Thomas Wedig