Hildesheimer Familie ist seit einem Jahr auf Wohnungssuche: Aus welchen Gründen dürfen Vermieter Bewerber ablehnen – und aus welchen nicht?

Hildesheim – Der Hildesheimer David von der Brelie sucht seit rund einem Jahr erfolglos nach einer neuen Wohnung für seine Familie. Vermieter lehnten ihn immer wieder ab, etwa wegen seines Hundes. Eine Rechtsanwältin sagt, welche Rechte Vermieter in diesen Fragen haben – und wo die Grenzen liegen.

David von der Brelie, seine Freundin und ihre gemeinsamen Kinder (nicht im Bild) sind seit Monaten erfolglos auf Wohnungssuche in Hildesheim. Foto: Chris Gossmann

Hildesheim – Ein Jahr Wohnungssuche – ein Jahr Absagen. Der Hildesheimer David von der Brelie sucht für sich und seine Familie eine neue Bleibe im Stadtgebiet. Bislang ohne jeglichen Erfolg, wie er frustriert sagt. Die meisten Vermieterinnen und Vermieter reagierten auf seine Bewerbungen nicht. Einige wenige sagten ihm aber geradeaus, dass sie bestimmte Gründe für die Ablehnung hätten: entweder von der Brelies aktuelle Arbeitslosigkeit – oder den Hund der Familie.

Die Ausgangslage des Hildesheimers, seiner Freundin und der beiden gemeinsamen Kinder beschreibt von der Brelie als prekär. Das Paar beziehe derzeit Bürgergeld. Er selbst arbeitete bis Mitte vergangenen Jahres in einer Kfz-Werkstatt, doch die neue Belastung durch die Elternschaft – die Kinder als Frühchen auf die Welt – seien auf Dauer zu hoch gewesen. „Es prasselt sehr viel Last auf einen herab“, beschreibt er es.

Erfolglose Wohnungssuche

Hilfe aus ihrem näheren Umfeld könnten sie nicht erwarten: „Wir sind komplett auf uns allein gestellt.“ Von der Brelie wuchs eigenen Angaben nach in schwierigen familiären Verhältnissen auf, auch er selbst habe in der Vergangenheit „Scheiße gebaut“, wie er einräumt. Für die beiden Kinder des Paares wolle er aber eine bessere Kindheit garantieren als seine eigene. Doch hier zeige sich das derzeit größte Problem der Familie: ihre Wohnung in der Nordstadt. Die sei in Teilen verschimmelt, von der Brelie und der Vermieter lägen deshalb schon seit vielen Monaten im Streit. Der werde nun juristisch geklärt, wie der 28-Jährige angibt. Doch wie dieser Konflikt auch immer ausgehen mag: Die Familie wolle in jedem Fall „nur noch weg“.

Eben das sei aber nicht möglich, weil das Paar bislang für keine der Wohnungen, auf die sich von der Brelie bewarb, einen Zuschlag erhielt. Seit rund einem Jahr schreibe er an alle möglichen Vermieter und Maklerinnen in der Stadt, sagt er. In den allermeisten Fällen erhalte er darauf keine Reaktion, nur bei rund elf Bewerbungen kam es zu einer Besichtigung. Im Anschluss habe es aber stets geheißen, der Mietvertrag komme nicht zustande. In einem dieser Fälle sei die Familie wegen der Erwerbslosigkeit des Paares abgelehnt worden. Deutlich öfter aber seien die Haustiere der Familie der Grund – von der Brelie und seine Freundin besitzen zwei Hunde und eine Katze. Besonders die Hunde, klagt der 28-Jährige, dienten der Vermieterseite häufig als Anlass, um ihn abzulehnen.

Vermieter sind frei darin, wen sie in ihrem Eigentum wohnen lassen wollen

Von der Brelie verstehe zwar, dass viele Menschen Vorbehalte oder gar Angst vor Hunden haben. Dass deshalb die Wohnungssuche „beinahe unmöglich“ werde, könne er aber nicht nachvollziehen. Doch all das sei schlicht und ergreifend das Recht der Vermieterinnen und Vermieter, sagt Johanna Rohde. Die Rechtsanwältin arbeitet seit November 2023 in der Hildesheimer Rechtsanwaltskanzlei Herzog & Biendarra und befasst sich dort unter anderem mit Mietrechtsfragen. Und solange kein Vertrag zwischen Mietern und Vermietern besteht, sagt sie, gelte die „Vertragsfreiheit“. Sprich: „Der Vermieter darf frei entscheiden, wen er nimmt, oder nicht.“

Denn bei den Wohnungen handele es sich nun einmal in den allermeisten Fällen um Privateigentum – was man damit anstellen möchte, ist den Besitzerinnen und Besitzern freigestellt. Daher seien sie auch weitestgehend frei darin, wen sie in ihrem Eigentum wohnen lassen wollen. Immerhin lebten sie nicht selten selbst in den Häusern die sie vermieten, ihr „Interesse an ihrer direkten Umgebung“ sei daher besonders zu schützen. Einige formelle Grenzen gebe es aber doch, mahnt Rohde an – gerade mit Blick auf das sogenannte Antidiskriminierungsgesetz, das bestimmte Kriterien wie Sexualität, Geschlecht oder Herkunft als Ablehnungsgründe untersagt.

Vermieter dürfen Hunde von ihrer Zustimmung abhängig machen

Jemanden explizit aus ethnischen, also rassistischen Gründen abzulehnen gehe etwa „auf keinen Fall“, wie die Rechtsanwältin sagt. In bestimmten Fällen könne ein Vermieter aber andere vom Gesetz geschützte Gruppen wie Menschen mit Behinderungen durchaus ablehnen, erklärt sie – etwa, wenn das Haus für eine hohe finanzielle Summer großflächig umgebaut werden müsste, um als behindertengerecht zu gelten.

Was die Ablehnung wegen Haustieren betrifft, gebe es ebenfalls bestimmte Grenzen: allein wegen Kleintieren wie Hamstern oder Hasen dürften Vermieterinnen und Vermieter niemandem absagen. Bei Tieren, die eine mögliche Gefährung von Eigentum und Personen darstellen könnten, sehe das aber anders aus – gerade Hunde seien daher ein legitimer wie auch häufig genutzter Ablehnungsgrund. Die Tiere könnten schließlich beißen, Lärm erzeugen oder die Wohnung verschmutzen. Der Vermieter oder die Vermieterin darf daher den Einzug des Hundes von der eigenen Zustimmung abhängig machen und diese auch später wieder entziehen, sollte das Tier Ärger bereiten. Sollten Wohnungssuchende also lieber ihre Hunde bei der Bewerbung verschweigen? Rohde rät dringend davon ab: „Man sollte nicht lügen bei der Bewerbung.“ Im schlimmsten Fall mache man sich sonst des Vertragsbruchs schuldig.

Politiker macht mangelnden Wohnraum für die angespannte Lage verantwortlich

Auch der anderen Seite seien Vermieterinnen und Vermieter „generell dazu angehalten“, ihre Gründe, weswegen sie jemanden ablehnen, gar nicht erst zu kommunizieren. Eine fehlende Erklärung biete schließlich weniger Angriffsfläche für die abgelehnten Bewerberinnen und Bewerber, sagt Rohde. Liege auf der Hand, dass jemand beispielsweise aus rassistischen Gründen eine Wohnung nicht erhält und daher eine teurere mieten muss, bestehe für die abgelehnte Person ein Recht auf Schadensersatz, sagt Rohde. In solchen Fällen rate sie dazu, sich an den Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen zu wenden. Diesem gehören auch in Hildesheim Schiedspersonen an, die Betroffenen mit Beratung zur Seite stehen.

In Mietfragen berät auch der Mieterverein Hildesheim, wenn auch laut Geschäftsführer Volker Spieth lediglich bei bereits abgeschlossenen Mietverträgen. Dennoch seien auch ihm solche Suchen, die sich teils über mehrere Monate erstrecken, bekannt. Schuld daran habe aber nicht per se die Eigentümerseite der Wohnungen, Privatbesitz sei nun einmal Privatbesitz. Stattdessen sieht Spieth, der auch als finanzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Stadtrat sitzt, den allgemeinen Mangel an Wohnraum verantwortlich.

Immer weniger Sozialwohnungen

Denn nicht nur gebe es zu wenig reguläre Wohnungen, auch die Zahl der städtischen Sozialwohnungen sinke stetig. Diese Wohneinheiten seien eigentlich für Fälle wie den der Familie aus der Nordstadt geschaffen. Die Stadt schlägt den Vermieterinnen und Vermietern drei Interessenten vor, die sich vorher auf eine Sozialwohnung beworben hatten, erklärt Spieth – einer davon muss am Ende den Zuschlag erhalten, allen möglichen Vorbehalten der Vermieterseite zum Trotz. Doch solche Wohnungen fielen immer mehr aus dem Bestand und wechselten in den regulären Wohnraum, beklagt Spieth. Neue Sozialwohnungen würden dagegen kaum noch gebaut.

Daher sei es auch kein Wunder, dass der Wohnungsmarkt so angespannt sei. Auf der Suche nach einer neuen Wohnung brauche es daher aktuell besonders eines: Glück. Das scheint im Fall des 28-jährigen von der Brelie weiterhin auszubleiben. Um den Jahreswechsel habe er erneut 35 Bewerbungen verschickt, wie er sagt. Auf keine einzige habe er eine Rückmeldung erhalten.

(c) 2025 Internetseite Hildesheimer Allgemeine Zeitung vom 15.01.2025 – 06:00Uhr
aktualisiert 16.01.2025 – 16:12Uhr
Milan Bauseneik