Mehr Wohnungen zu bezahlbaren Mietpreisen: Vor allem zwei Lösungen sind in Hildesheim im Gespräch

Hildesheim – Die Zahl der Wohnraum-Leerstände sinkt in Hildesheim, zumindest leicht. Nichtsdestotrotz fehlen Wohnungen, der Markt ist angespannt. Was hat die Stadt bislang unternommen, um dem entgegenzuwirken? Was soll noch passieren?

Hildesheim – Der angespannte Wohnungsmarkt ist und bleibt Thema in Hildesheim, ob in der Verwaltung, der Politik, beim Mieterverein – vor allem aber bei den Mietern und Vermietern selbst. „Die Wohnungsnot trifft Einkommensschwache, aber auch den Mittelstand“, sagt Volker Spieth, Geschäftsführer des Mietervereins Hildesheim und Umgebung. „Demgegenüber stehen strukturellere Leerstände. Dafür muss es Lösungen geben.“

Zur Debatte stehen bei der Suche nach diesen Lösungen gleich mehrere Aspekte. Neben aktuellen Mietpreisen etwa die Frage, ob man diese nicht, wie in vielen anderen Kommunen und Ländern bereits der Fall, auch hier deckeln müsste. Oder die Frage nach leerstehendem Wohnraum und wie der dem Markt wieder zur Verfügung gestellt werden kann – durch sanktionierende oder fördernde Maßnahmen. Vieles ist möglich. Das ist der aktuelle Stand.

In der Neustadt stehen besonders viele Häuser leer

Zahl der Wohnungsleerstände: Zum Ende des vergangenen Jahres hat die Stadt Hildesheim ihren Leerstandsbericht 2022 veröffentlicht. „Die Quote hat sich auf etwa 2,4 Prozent eingependelt, was gut 1300 Wohnungen in absoluten Zahlen entspricht und ungefähr mit dem Wert aus 2019 übereinstimmt“, fasst Stadtsprecher Helge Miethe den Status quo zusammen. Anhand einer detaillierten Darstellung des Jahresverlaufs 2022 lasse sich zudem bereits eine sinkende Tendenz erkennen: Waren es 2021 noch 1453 Wohnung, sind es ein Jahr später 1344 Wohnungen, die in Hildesheim nicht vermietet sind.

Den höchsten Wohnungsleerstand verzeichnet demnach der Ortsteil Stadtmitte/Neustadt mit 29,3 Prozent. Mit deutlichem Abstand und 16 Prozent folgt die Oststadt. Am wenigsten Leerstand gibt es in den Ortsteilen Einum und Achtum/Uppen, unter den Stadtteilen hat Ochtersum mit 2,7 die geringste Leerstandsquote.

Förderung oder Sanktionierung? Beides ist möglich

Um dem Leerstand etwas entgegenzusetzen und Hauseigentümer zur Vermietung zu bewegen, gibt es üblicherweise zwei Vorgehensweisen: die Vermietung durch Förderungen attraktiv zu machen oder den Leerstand zu sanktionieren. Beide Wege sind in Hildesheim Thema, eine neue Förderrichtlinie ist im Frühjahr auch bereits in Kraft getreten.

Neue Förderrichtlinie: Um Vermietern einen Anreiz zu bieten, leerstehenden Wohnraum dem Markt wieder zur Verfügung zu stellen, ist im März 2024 eine Förderrichtlinie in Kraft getreten. Insgesamt sind es über 700.000 Euro, mit denen die Stadt etwa

Sanierungsmaßnahmen fördert und bezuschusst, die dazu beitragen, Räume wieder vermieten zu können.

Zuschüsse für Raum zwischen Zingel und Bahnhofsallee

Das zugrundeliegende Förderprogramm wurde bereits im März 2021 vom Rat beschlossen – nun, drei Jahre später, ist es abrufbar. Und soll es für weitere drei Jahre bleiben. Die Förderung richtet sich an Eigentümer mit Wohnraum in der Innenstadt, begrenzt von der Zingel und der Bahnhofsallee, der Marie-Wagenknecht- sowie der Kardinal-Bertram-Straße und schließlich der Schuhstraße.

Die Resonanz der ersten Monate bezeichnet die Stadt nun als „bislang eher verhalten“. So teilt Helge Miethe auf Nachfrage der HAZ mit, man habe „mit einigen Vermietern Gespräche geführt, und ein paar haben die Modernisierungsberatung in Anspruch genommen“.

Es gibt drei verschiedene Modelle der Förderung

Im Detail stehen Haus- oder Wohnungseigentümern drei Module zur Verfügung. Sie können sich etwa um eine Wiedervermietungsprämie von 1000 Euro je Wohneinheit bewerben, wenn die nach einer Leerstandszeit von einem halben Jahr oder länger wiedervermietet wird, und zwar unbefristet.

Weil aber bei zwei von drei Modulen zunächst ein sechsmonatiger Leerstand nach Inkrafttreten der Richtlinie vorliegen muss, ist da eine Antragsstellung beziehungsweise -bewilligung erst im August möglich. „Wir gehen davon aus, dass wir erst zum Jahresende fundierte Aussagen treffen können, wie gut das Programm angenommen wird“, sagt Miethe. Um die Akzeptanz zu erhöhen, schreibe die Stadt auch gezielt Eigentümer von Leerstandsobjekten direkt an, um auf die Fördermöglichkeiten aufmerksam zu machen.

Besonders interessant ist der Zuschuss zur Sanierung

Welches der drei Module Wohnungseigentümer bevorzugen, sei noch nicht klar, so Miethe: „Es ist noch zu früh, um einen Favoriten auszumachen.“ Bislang liege die Präferenz jedoch offenbar auf dem Zuschuss zur Sanierung und Nutzungsänderung.

Zweckentfremdungssatzung: Bei diesem Ansatz geht es nicht um Förderung, sondern um die Androhung von Strafen für andauernden Leerstand. Dazu ist eine Kommune berechtigt, wenn sie einen Wohnraummangel feststellt und der auch vom Land bestätigt wird. In Hildesheim soll das Thema Zweckentfremdung noch in diesem Jahr als Thema auf den Tischen von Politik und Verwaltung liegen. Ein Schritt, den der Mieterverein seit Jahren eindringlich fordert.

Landesverordnung wird überarbeitet

Die Stadt weist darauf hin, dass sich derzeit zwei Landesverordnungen in der Überarbeitung befinden: die Verordnung zur Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt sowie die Mieterschutzverordnung. In diesem Zuge hat das Land ein Gutachten „angespannter Wohnungsmarkt“ erstellen lassen, das erst noch veröffentlicht werden soll.

Sowohl das Gutachten als auch die konkreten Neufassungen der Landesverordnungen seien relevant, um als Gemeinde den Status „angespannter Wohnungsmarkt“ zu beschließen und eine Zweckentfremdungssatzung zu erstellen. Nach Vorliegen der Neufassungen wolle man sich in Hildesheim mit der Zweckentfremdungssatzung auseinandersetzen. Hildesheims Oberbürgermeister Ingo Meyer hatte stets betont, er würde deren Einführung begrüßen.

Landtag muss Gesetzesentwurf beschließen

Mietpreisbremse: Für Volker Spieth vom Hildesheimer Mieterbund ist die Mietpreisbremse ein Instrument, das für den Wohnungsmarkt auch in Hildesheim dringend installiert werden müsste. In Städten mit Mietpreisdeckel darf der Preis für die Neuvermietung maximal 10 Prozent über dem Vergleichswert liegen – auch wenn das nur für Bestandswohnungen gilt. Handelt es sich um eine neu gebaute Immobilie, tritt die Bremse nicht in Kraft.

Der aktuelle Mietspiegel für Hildesheim weist eine Durchschnittsmiete von 8,82 Euro pro Quadratmeter aus. In den beliebtesten Lagen werden Mietpreise von durchschnittlich 10,23 Euro pro Quadratmeter aufgerufen und in günstigen Lagen beträgt die Miete pro Quadratmeter 7,50 Euro in Hildesheim.

Hildesheim geht davon aus, dass die Bremse kommt

Dass die Bremse kommt, davon geht man in Hildesheim aus, wie die Stadt auf HAZ-Nachfrage mitteilt: „Die geänderte Fassung der Mieterschutzverordnung befindet sich unseren Erkenntnissen nach in Bearbeitung und soll in den kommenden Wochen in die Verbandsbeteiligung gehen.“ Wann genau der Landtag den Gesetzesentwurf beschließen wird, sei unklar. „Nach derzeitigem Stand ist es jedoch wahrscheinlich, dass hier noch in diesem Jahr eine Veröffentlichung erfolgen wird.“

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KATHI FLAU

In Zahlen
60 Tage machen den großen Unterschied aus: Häuser gelten nach Ablauf dieser Frist als unbewohnt – ein Zustand, der unter anderem der Versicherung angezeigt werden muss. Eine Wohnung muss sechs Monate unvermietet sein, damit sie als Leerstand gilt.

2014 gab es die erste Zweckentfremdungssatzung einer Kommune in Deutschland. Freiburg hatte sie sich gegeben, um dort dem fortschreitenden Wohnungsleerstand entgegenzuwirken. Später folgten fast alle Metropolen und weitere Städte

 2,5 Prozent beträgt die Leerstandsquote in Deutschland, Stand Ende 2022. Das entspricht 554.000 Einheiten. Gezählt sind leerstehende Wohnungen, die vermietbar wären, und solche, die wegen Mängeln nicht zur Vermietung stehen, aber mittelfristig aktivierbar wären.

Die Wohnungsnot trifft Einkommensschwache, aber auch den Mittelstand. Demgegenüber stehen Leerstände. Dafür muss es Lösungen geben.

Volker Spieth Geschäftsführer des Mietervereins Hildesheim
FOTO: CHRIS GROSSMANN

(c) 2024 epaperweb.hildesheimer-allgemeine. 24.06.2024 Seite 14