Falsches Lüften oder doch eher Baumängel?

Nach der kalten Jahreszeit häufen sich beim Mieterverein Klagen über Schimmelbefall / Risiko mit gesundheitlichen Folgen

Hildesheim. Die junge Studentin war eigentlich recht zufrieden mit ihren Vermietern. Doch beim Auszug fing der Ärger an: In einer Ecke des Schlafzimmerfensters hatte sich Schimmel gebildet. „Ich habe das sofort dem Vermieter gemeldet, aber der hat mir das in Rechnung stellen wollen“, erzählt die junge Frau (Name ist der Redaktion bekannt). Falsches Lüften. Das wollte sie nicht auf sich sitzen lassen und schaltete auf Raten des Mietervereins Hildesheim den Bauphysiker Luke Lenfering ein. Der kam zum gegenteiligen Schluss: „Baumängel.“

Mittlerweile gibt es einen Nachmieter, der nach der Renovierung durch den Vermieter nach kurzer Zeit die Segel gestrichen hat und ebenfalls wieder auszog, erzählt die Studentin: „Der Schimmel ist wieder aufgetaucht.“ Auch dieses Mal behielt der Vermieter die Kaution zurück, um die Sanierung damit abzurechnen.

Beispiele, die sich Volker Spieth, Geschäftsführer des Hildesheimer Mietervereins, und seine Kollegen jede Woche anhören müssen. „Ich habe das Gefühl, dass es immer mehr wird“, sagt er. Vor allem nach feuchten Jahreszeiten, wenn sich der Schimmel besonders gut ausbreiten kann. „Der Mieter muss es dem Vermieter sofort melden“, sagt Spieth. Denn der Befall kann sich leicht ausbreiten und gesundheitliche Schäden verursachen. Wie bei der jungen Studentin: „Meine Ärztin hat bei mir eine Allergie diagnostiziert, die auf Schimmelbefall zurückzuführen ist.“

Doch mit dem Auftauchen des Schimmels taucht auch die Frage nach der Ursache auf. Vermieter gehen prinzipiell davon aus, dass das falsche Lüftungsverhalten des Mieters schuld daran ist. Mieter sprechen als erstes mögliche Baumängel an.

Der Bauphysiker Luke Lenferink kann ein Lied davon singen. Wenn Vermieter behaupten, früher habe es in den Räumen Schimmel nicht gegeben, inspiziert er gründlich Ecken und Winkel, schaut nach, ob und wie Kälte- und Feuchtigkeitsgebiete entstehen können und wie besonders gefährdete Stellen renoviert worden sind. Also einfach: Ist der Befall einfach nur übertüncht worden?

Denn in der Regel erfahren die neuen Nachmieter nichts von dem Risiko, weiß Volker Spieth aus Erfahrung. Häufig glauben sie, dass eine energetische Sanierung ausreiche, um Schimmelbildung zu verhindern. Doch auch die wird nicht immer fachgerecht ausgeführt, vor allem nicht, wenn Hausbesitzer selber Hand anlegen und eventuell sogar an Materialien sparen.

Für die Beratung durch den Mieterverein ist eine Mitgliedschaft nötig, die beträgt derzeit jährlich 42 Euro, Studenten sind auch über die Studentenvertretung vertreten, allerdings brauchen sie dafür eine Bescheinigung vom AStA. Ähnliches gilt beim Jobcenter, dem SoVD oder Kunden bei der Caritas. Vollen Schutz genießen aber nur reguläre Mitglieder des Mietervereins. Und der kann manchmal nützlich sein. Wenn es beispielsweise zu einem Rechtsstreit kommt. Falls zum Beispiel Vermieter ohne vorherige Absprache einfach die Wohnung ihres Mieters betreten.

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(c) 2015 Hildesheimer Allgemeine Zeitung vom 13.04.2015
               Von Norbert Mierzowsky