Erleichterung bei der Beantragung stattlicher Unterstützungsleistungen für das Wohnen und Auswirkungen der COVID-19-Pandemie für Mieterinnen und Mieter

I. Erleichterungen bei der Beantragung staatlicher Unterstützungsleistungen für das Wohnen

Am 01.04.2020 ist das Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutz-Paket) in Kraft getreten. Seine Regelungen sollen vor allem Kleinunternehmer und Solo-Selbständige unterstützen, die regelmäßig nur begrenzte finanzielle Rücklagen und keinen Zugang zu Absicherungen wie Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- oder Insolvenzgeld haben, außerdem ältere oder erwerbsgeminderte Menschen insbesondere dann, wenn sie in einer Bedarfsgemeinschaft leben, in der beim Hauptverdienenden wegen der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie Einkommen wegfällt.

Das Gesetz beinhaltet unter anderem Regelungen zur Erleichterungen der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II (Hartz IV) sowie der Sozialhilfe und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Beide Sicherungssysteme sehen (auch) die Möglichkeit einer Übernahme von Wohnkosten vor (Kosten der Unterkunft und Heizung). Im Zentrum stehen dabei Leistungen, die die Zahlung der laufenden Mieten und der laufenden Nebenkosten gewährleisten sollen. Für Leistungen zur Übernahme von Mietrückständen, Heiz- und Warmwasserenergieschulden, Kautionen, Umzugskosten etc. gelten besondere Voraussetzungen.

Die verabschiedeten Erleichterungen betreffen Leistungen für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 01.03.2020 bis zum 30.06.2020 beginnen (§ 67 Abs. 1 SGB II neu, § 141 Abs. 1 SGB XII neu). Der Zeitraum kann durch Rechtsverordnung der Bundesregierung längstens bis zum 31.12.2020 verlängert werden (§ 67 Abs. 6 SGB II neu, § 141 Abs. 6 SGB XII neu).

1. Erleichterte Prüfung der Bedürftigkeit

Der Charakter der Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII ändert sich durch die Neuregelungen nicht. Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII dienen nur der Absicherung des wirtschaftlichen Existenzminimums und setzen die Bedürftigkeit des Antragstellers/der Antragstellerin voraus. Für die Dauer von 6 Monaten wird die Bedürftigkeitsprüfung aber gelockert, weil nur das Einkommen betrachtet, nicht jedoch auch etwaiges Vermögen angerechnet wird (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGB II neu, § 141 Abs. 2 Satz 1 SGB XII neu). Die oft komplizierte und zeitintensive Prüfung des Vermögens soll entfallen, um das Bewilligungsverfahren zu beschleunigen. Dies gilt nicht, wenn erhebliches verwertbares Vermögen vorhanden ist; ab wann solches anzunehmen ist, ist aber weder dem Gesetz noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen. Es wird gesetzlich vermutet, dass der Antragsteller oder die Antragstellerin kein erhebliches, verwertbares Vermögen hat, wenn er/sie dies im Antrag erklärt (§ 67 Abs. 2 Satz 2 SGB II neu, § 141 Abs. 2 Satz 2 SGB XII neu).

2. Fiktion der Angemessenheit von laufender Miete und Nebenkosten

Die zweite Erleichterung besteht darin, dass die laufende Miete und die laufenden Nebenkosten des Mieters für die Dauer von 6 Monaten in tatsächlicher Höhe als angemessen gelten (§ 67 Abs. 3 SGB II neu, § 141 Abs. 3 SGB XII neu).

Der Hintergrund der Regelung ist folgender: Laufende Miete und Nebenkosten werden grundsätzlich nur übernommen, soweit sie angemessen sind. Für die Angemessenheit gelten von der jeweiligen Kommune ermittelte und festgelegte Kostenobergrenzen, die sich daran orientieren müssen, zu welchen Kosten Wohnraum einfacher Ausstattung in der jeweiligen Größe vor Ort angemietet werden kann.

Liegen Miete und Nebenkosten des Mieters über der Angemessenheitsgrenze, werden sie bei der ersten Antragstellung zwar ebenfalls übernommen, aber zeitlich befristet. Die Überschreitung löst eine sog. Kostensenkungsobliegenheit des Mieters aus. Er ist, wenn die Sozialbehörde ihn dazu auffordert, gehalten, seine Mietkosten regelmäßig innerhalb von 6 Monaten z.B. durch eine Untervermietung oder einen Umzug auf die angemessenen Kosten zu senken, es sei denn, dies ist ihm aus besonderen Gründen nicht zuzumuten. Ist eine Absenkung zumutbar, geschieht sie in dieser Zeit aber nicht, kann die Behörde Leistungen auf die Angemessenheitsgrenze herab kürzen. Die Differenz zu den tatsächlichen Wohnkosten muss der Mieter dann aus dem an sich ausschließlich für seinen Lebensunterhalt bestimmten, äußerst knapp bemessenen Regelbedarf bestreiten, wenn er nicht ausziehen will.

Dieser Kürzungsmechanismus wird durch die Neuregelung nun für die Dauer von 6 Monaten ausgesetzt, indem Mietkosten, die über der Angemessenheitsgrenze liegen, für diesen Zeitraum als angemessen fingiert werden (§ 67 Abs. 3 SGB II neu, § 141 Abs. 3 SGB XII neu). Sie werden für diesen Zeitraum übernommen, ohne dass der Mieter dem Risiko einer drohenden Leistungskürzung ausgesetzt ist. Danach setzen die Regeln über die Kostensenkung ein, so dass der Mieter gegebenenfalls weitere 6 Monate Zeit hat, einer Leistungskürzung zuvor zu kommen. Die Aussetzung der Kostensenkung gilt nicht, wenn der Mieter bereits Leistungen erhält und diese im vorangegangenen Bewilligungszeitraum nur bis zur Höhe der angemessenen Mietkosten anerkannt und übernommen wurden (§ 67 Abs. 3 Satz 3 SGB II neu, § 141 Abs. 3 Satz 3 SGB XII neu).

3. Weiterbewilligung ohne neuen Antrag

Wenn der Mieter bereits Leistungen erhält und der Bewilligungszeitraum für diese Leistungen zwischen dem 31.03.2020 und dem 31.08.2020 endet, muss er für die Weiterbewilligung keinen neuen Antrag stellen. Der zuletzt gestellte Antrag gilt einmalig weiter; Leistungen werden unter der Annahme unveränderter Verhältnisse für 12 Monate weiterbewilligt (§ 67 Abs. 5 SGB II neu, § 141 Abs. 5 SGB XII neu).

4. Erleichterungen bei vorläufigen Bewilligungen

Für insbesondere wegen einer komplexen Ermittlung von Leistungsvoraussetzungen und -höhe (vor allem bei Selbständigen) nur vorläufige Leistungsbewilligungen gelten Erleichterungen nach § 67 Abs. 4 und 5 SGB II neu bzw. § 141 Abs. 4 und 5 SGB XII neu. Sie dienen dazu, den Bestand solcher Bewilligungen vorübergehend zu stärken, um dem Leistungsberechtigten mehr Sicherheit zu geben. Hierzu wird auf die genannten Vorschriften verwiesen.

II. Auswirkungen der COVID-19-Pandemie für Mieterinnen und Mieter

Einige Fragen und Antworten (Corona-Sprechstunde für Leserinnen und Leser der FR am 30.03.2020 mit Stefan Bentrop, DMB Justiziar)

1. Welche Auswirkungen wird die Pandemie auf die Mieterinnen und Mieter haben?

Die Pandemie wird vor allem auf zwei Ebenen Folgen für Mieterinnen und Mieter haben. Zum einen können Mieterinnen und Mieter durch die Folgen der Pandemie Einkommensverluste haben, z.B. wegen Kurzarbeit oder Geschäftsschließungen oder Auftragsrückgängen bei Selbständigen, und dadurch Schwierigkeiten bekommen, weiterhin ihre Miete zu zahlen. Zum anderen macht die Pandemie besondere Maßnahmen zum Schutz der eigenen Gesundheit und der Gesundheit Anderer erforderlich, die schwierige Fragen im laufenden Mietverhältnis aufwerfen können.

2. Was dürften die häufigsten Probleme werden und wie groß ist das Risiko, dass ich als Mieter davon betroffen bin?

Wie häufig Mieterinnen und Mieter von der Folgen der Pandemie betroffen sein werden, lässt sich nicht generell beantworten. Das zentrale Problem wird sein, dass Mieterinnen und Mieter wegen der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie ihre Miete nicht mehr zahlen können. Wir müssen dafür sorgen, dass sie ihre Wohnung nicht verlieren. Aber auch Mieterinnen und Mieter, die bereits vor der Pandemie gekündigt haben oder gekündigt wurden und nun ausziehen müssen, vielleicht sogar zwangsweise geräumt werden sollen, bedürfen jetzt eines besonderen Schutzes. Ihre Situation mag nicht im eigentlichen Sinn Folge der Pandemie sein. Doch muss auch für sie der Schutz vor Wohnungsverlust oberste Priorität haben. Wir können nicht einerseits die Menschen auffordern, soziale Kontakte zu vermeiden und zuhause zu bleiben, andererseits aber zulassen, dass Menschen aktuell auf die Straße gesetzt werden. Weitere Probleme können sich bei der Abwicklung des Mietverhältnisses ergeben, z.B.: Wie können zurzeit Reparaturen, die zur Beseitigung von Mängeln erfolgen sollen, sicher durchgeführt werden? Kann ein geplanter Umzug pünktlich durchgeführt werden und was geschieht, wenn nicht?

3. Der Gesetzgeber hat reagiert und neue Regeln geschaffen. Was sind die wichtigsten Änderungen?

Der Gesetzgeber hat einen Kündigungsausschluss verabschiedet, durch den Mieterinnen und Mieter, die wegen der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie in den Monaten April bis Juni 2020 ihre Miete ganz oder teilweise nicht zahlen können, wegen dieser Rückstände bis zum 30.06.2022 nicht gekündigt werden können. Sind die Rückstände bis dahin nicht nachgezahlt, kann der Vermieter dann ihretwegen das Mietverhältnis kündigen. Wichtig ist, dass nur die Kündigung ausgeschlossen ist. Mieterinnen und Mieter bleiben auch in den Monaten April bis Juni 2020 in vollem Umfang verpflichtet, ihre Miete zu zahlen und müssen, wenn die Zahlung später erfolgt, gegebenenfalls z. B. auch Verzugszinsen zahlen. Das Gesetz sieht die Möglichkeit vor, dass die neue Regelung später durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung auf Mietrückstände für die Monate Juli bis September 2020 ausgedehnt werden kann.

4. Reicht das aus, um die Menschen zu schützen?

Nein. Der Kündigungsausschluss ist richtig und wichtig für Mieterinnen und Mieter, aber nur eine Seite der Medaille. Kann die Miete nicht gezahlt werden, können die betroffenen Vermieter in finanzielle Schwierigkeiten geraten, die an den Folgen der Pandemie jedoch ebenso wenig Schuld tragen wie Mieter. Deshalb benötigen wir ergänzend zu dem Kündigungsausschluss einen staatlichen Solidarfonds, der die Mietrückstände für den Mieter übernimmt und die Miete an den Vermieter zahlt.

5. Mein Geld war schon immer knapp, jetzt droht auch noch Kurzarbeit. Darf ich meine Miete einfach nicht mehr bezahlen?

Nach den verabschiedeten neuen Regelungen kann der Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen, wenn der Mieter in den Monaten April bis Juni 2020 seine Miete wegen der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie nicht zahlt. Die Pflicht zur Mietzahlung bleibt aber unverändert bestehen. Dies gilt erst Recht, wenn der Mieter überhaupt keine oder noch keine wirtschaftlichen Einbußen als Folge der Pandemie erlitten hat. Zahlt der Mieter in derartigen Fällen nicht, riskiert er auch, gekündigt zu werden, denn diese Fälle fallen nicht unter den neuen Kündigungsausschluss.

6. Wir haben unsere Wohnung zu Ende April gekündigt. Der Umzug eines 4-Personen-Haushaltes geht ohne Helfer nicht. Was sollen wir machen?

Zeichnet sich ab, dass es keine Möglichkeit gibt, die gekündigte Wohnung rechtzeitig zu räumen, sollte der Mieter sich in der gegenwärtigen Situation mit dem Vermieter in Verbindung setzen und bitten, dass er noch eine gewisse Zeit in der Wohnung bleiben darf, bis der Umzug möglich ist. Kommt keine Einigung zustande, kann der Vermieter den Mieter aber nicht einfach auf die Straße setzen. Eine zwangsweise Räumung ist erst möglich, wenn der Mieter gerichtlich zur Räumung verurteilt ist.

7. Unser Sohn ist am letzten Wochenende (21.3.) berufsbedingt nach Marburg umgezogen. Seine Heidelberger Studentenwohnung, gekündigt zum 30.4., sollte renoviert übergeben werden. Der Vermieter meldet sich nicht auf Anfragen. Ist mein Sohn verpflichtet trotz Ausgangsbeschränkungen für die Renovierung nach Heidelberg zu kommen? Da wir als Eltern der Risikogruppe 65+ angehören, können wir für ihn diese Renovierung nicht übernehmen.

Zunächst sollte geprüft werden, ob tatsächlich eine Renovierungspflicht besteht. Dies gilt unabhängig von der Pandemie. Viele Mietverträge enthalten unwirksame Renovierungsklauseln. In solchen Fällen muss der Mieter nicht renovieren, auch wenn der Text des Mietvertrages etwas anderes besagt. Ergibt die Prüfung eine Renovierungspflicht, muss der Mieter die Wohnung renoviert an den Vermieter übergeben. Dabei ist nicht entscheidend, ob der Mieter die notwendige Renovierung selbst ausführen kann. Will oder kann er nicht selbst aktiv werden, ist er verpflichtet, Dritte, z.B. ein Handwerksunternehmen zu beauftragen, um die Renovierung rechtzeitig auszuführen.

8. Zurzeit bin ich mit meiner logopädischen Praxis noch liquide. Allerdings erflogen die Abrechnungen meiner Rezepte immer einen Monat zeitversetzt. Meine Miete beträgt monatlich 1400 Euro. Nun ist meine Frage, was meine Rechte und Möglichkeiten als Mieter sind, trotz gegebener Liquidität?

Die gesetzlichen Maßnahmen, die jetzt zum Schutz von Mieterinnen und Mieter wegen der Pandemie beschlossen wurden, sehen vor, dass Mieterinnen und Mieter, die infolge der Auswirkungen der Pandemie in den Monaten April bis Juni 2020 ihre Miete nicht zahlen können, wegen dieser Rückstände nicht gekündigt werden können. Den Zusammenhang zwischen der Nichtzahlung und der Pandemie müssen Mieterinnen und Mieter im Streitfall glaubhaft machen, z.B. durch Belege über einen Verdienstausfall. Allerdings ist nur die Kündigung ausgeschlossen. Die Pflicht zur Mietzahlung bleibt unverändert bestehen. Dies gilt erst Recht, solange Mieterinnen und Mieter weiterhin liquide sind. Bei drohenden finanziellen Engpässen können gegebenenfalls staatliche Unterstützungen wie z.B. Wohngeld oder die Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung beantragt werden, um die Mietzahlungen weiterhin aufbringen zu können. Möglich ist auch, soweit der Vermieter dazu bereit ist, mit dem Vermieter die Stundung der Miete für eine gewisse Zeit zu vereinbaren. Dann ist darauf zu achten, die spätere Nachzahlung so zu regeln, dass der Mieter sie neben der laufenden Miete auch tatsächlich aufbringen kann.

9. Ich habe eine Stelle in einer anderen Stadt angenommen. Zwar ist der Arbeitsvertrag unterschrieben und ich soll die Stelle Anfang April antreten. Aber mein neuer Arbeitgeber hat schon signalisiert, dass er mich wohl noch in der Probezeit kündigen wird. Nun habe ich an meinem neuen Arbeitsort bereits eine Wohnung angemietet. Kann ich den Mietvertrag rückgängig machen?

Sie können den Mietvertrag grundsätzlich nur regulär kündigen. Das Gesetz legt das sog. Verwendungsrisiko, dass eine angemietete Wohnung für die Lebenspläne des Mieters verwendbar ist, dem Mieter auf. Dies gilt auch in der gegenwärtigen Situation. Vielleicht ist der neue Vermieter aber bereit, Ihnen in Ihrer besonderen Lage entgegenzukommen und mit Ihnen die kostenfreie Aufhebung des Mietvertrags zu vereinbaren.

10. Möglicherweise werde ich dazu gezwungen sein, meinen Vermieter um eine Mietreduktion zu bitten. Wie sollte ich vorgehen? Welche Modelle gibt es, um zu einem guten finanziellen Ausgleich zu kommen?

Auch während der Zeit der Pandemie bleiben Mieterinnen und Mieter zur Zahlung der Miete verpflichtet. Mieter und Vermieter können vereinbaren, dass die Miete (ganz oder teilweise) für eine gewisse Zeit gestundet wird, wodurch die Fälligkeit der Miete und damit die Pflicht zur Mietzahlung für die vereinbarte Zeit hinausgeschoben wird. Der gestundete Betrag muss dann später nachgezahlt und dabei zusätzlich zu der dann laufenden Miete aufgebracht werden. Damit hier kein neuer Engpass entsteht, sollte mit der Stundungsvereinbarung gegebenenfalls auch geregelt werden, dass der Mieter die Nachzahlung in Raten leisten darf.

11. Ich bin selbständig, habe bisher aber ein externes Büro, das auch meine Geschäftsadresse ist. Aus Kostengründen möchte ich das Büro nun aufgeben und von zu Hause aus arbeiten. In meinem Mietvertrag steht allerdings, dass die Wohnung nur zu Wohnzwecken genutzt werden darf, es sei denn, der Vermieter willigt in eine andere Nutzung ein. Was bedeutet das für mich jetzt?

Ist eine Wohnung zu Wohnzwecken vermietet, ist eine gewerbliche Nutzung grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn der Vermieter stimmt einer (teil-)gewerblichen Nutzung zu. Eine Ausnahme kommt in Betracht, wenn die gewerbliche Nutzung keine andere Inanspruchnahme der Wohnung und keine stärkere Beeinträchtigung von anderen Mietern bedeutet als eine Wohnnutzung und deshalb noch unter den Wohnzweck eingeordnet werden kann. Auch dann muss der Mieter aber die beabsichtigte gewerbliche Nutzung dem Vermieter vorher anzeigen. Sprechen Sie Ihren Vermieter auf Ihre Pläne an und versuchen Sie, eine teilgewerbliche Nutzungsmöglichkeit der Wohnung zu vereinbaren. Sollte der Vermieter nicht einverstanden sein, bliebe näher zu prüfen, ob eine Konstellation besteht, in der eine bloße Anzeige genügt. Da es sich um eine Ausnahme handelt, ist hier Vorsicht geboten.

12. Folgender Fall: Ein Paar (unverheiratet) lebt zusammen in einer Mietwohnung. Die Beziehung ist gerade in die Brüche gegangen, zusammen wohnen ist unter diesen Umständen nicht mehr möglich. Beide sind als Studenten eingezogen, sind aber jetzt fertig und suchen zurzeit Arbeit. Die Partnerin hat die Möglichkeit auszuziehen. Der Partner möchte die Wohnung zunächst halten, kann aber die Miete nicht auf Dauer alleine tragen. Die Partnerin kann bis Ende April die Miete mittragen, danach aber aus finanziellen Gründen nicht mehr. Fragen: Kann der Partner eine andere Person mit in Wohnung nehmen oder kann der Vermieter sagen, in der gegenwärtigen Situation akzeptiere ich kein neues Vertragsverhältnis? Die Kündigungsfrist für die Mieter beträgt drei Monate. Kann die Wohnung jetzt mit dieser Frist von dem Paar gekündigt werden oder hat der Vermieter auch einen gewissen Schutz? Also kann er sagen, die im Mietvertrag stehende Kündigungsfrist für die Mieter ist auch ausgesetzt?

Sind beide Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft Mieter, kann das Mietverhältnis nicht nur von einem Partner gekündigt werden, sondern müssen beide Partner kündigen. Dies ist allerdings auch in der gegenwärtigen Situation ohne weiteres möglich. Einen besonderen Schutz des Vermieters vor Kündigungen des Mieters gibt es nicht. Zieht ein Partner aus, ohne dass eine Kündigung erfolgt, bleibt er Mieter und ist er für die Mietzahlungen verantwortlich, auch wenn er die Wohnung nicht mehr nutzt. Ein Mieterwechsel, durch den der ausscheidende Mieter aus dem Mietverhältnis ausscheidet und durch einen anderen Mieter ersetzt wird, ist regelmäßig nur mit Zustimmung des Vermieters möglich. Der bleibende Mieter kann aber einen Anspruch darauf haben, eine andere Person als Untermieter aufzunehmen, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat, z. B. zur Sicherung der Mietzahlung. Dies muss im Einzelfall geprüft werden.

13. Ich lebe mit meinem Mann und zwei kleinen Kindern in Baden-Württemberg und wurde letztes Jahr wegen Eigenbedarf gekündigt. Die Sache ging bereits vor Gericht und es kam zu einer gütlichen Einigung, dass wir bis Ende Juli diesen Jahres ausgezogen sein müssen. Nun war es vor der Pandemie schon extrem schwierig, in unserer Gegend Ersatzwohnraum zu finden, jetzt erscheint es völlig aussichtslos – Besichtigungstermine werden abgesagt, neue Objekte kommen nicht auf den Markt. Was können wir tun? Wie werden wir vor der drohenden Obdachlosigkeit geschützt?

Lassen Sie sich bitte schnellstens individuell beraten. Ich gehe davon aus, dass in Ihrem Fall ein gerichtlicher Räumungsvergleich geschlossen wurde. Es muss geprüft werden, ob Sie gegebenenfalls bei Gericht eine Verlängerung der Ihnen mit dem Vergleich eingeräumten Zeit zur Räumung beantragen können.

14. In unserem Mietshaus wird neuerdings – vielleicht wegen Corona – seltener das Treppenhaus geputzt und auch der Müllraum wird vernachlässigt. Dabei wäre Hygiene doch gerade jetzt wichtig. Was kann ich tun?

Sprechen Sie Ihren Vermieter darauf an und bitten Sie ihn um Abhilfe. Soweit dies nicht geschieht, muss näher geprüft werden, ob die Beanstandungen so schwer wiegen, dass Sie als Mangel der Mietsache zu werten sind. Dann stünden Ihnen gegebenenfalls Mängelrechte zu, insbesondere könnten Sie dann die Mängelbeseitigung verlangen, gegebenenfalls auch die Miete mindern.

15. Unser Vermieter hatte vor einem Jahr Öl bestellt und dies uns zur Rechnung gestellt. Dies stottern wir ab. Nun da unsere Miete 980 Euro kostet ist es für uns fast unmöglich die nächste Rate für´s Öl zu zahlen. Wenn die Miete gezahlt ist aber die Rate für´s Öl nicht kann uns der Vermieter kündigen?

Nach Ihrer Schilderung rechnen die Kosten der Öllieferung nicht zur Miete, so dass ein Ratenrückstand keine Kündigung wegen Zahlungsverzugs mit der Miete begründen würde. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Ratenrückstand auf jeden Fall rechtlich unerheblich ist. Lassen Sie sich zu Ihrer Konstellation und den Möglichkeiten, die Erfüllung Ihrer Zahlungsverpflichtungen zu gewährleisten, bitte individuell beraten.

16. Ich habe eine WG. Jetzt ist ein Zimmer frei. Darf ich sofort Zimmerbesichtigungen für neue Kandidaten machen oder gilt das Kontaktverbot?

Die Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie sind regional unterschiedlich weitgehend. Wenn einem potentiellen Bewerber vor Ort nicht untersagt ist, seine Wohnung zu verlassen, um eine Zimmerbesichtigung wahrzunehmen, die Durchführung derartiger Besichtigungen am Ort der Besichtigung nicht untersagt ist und sich dort nicht mehr Personen treffen als es am Ort der Besichtigung zulässig ist, ist eine Zimmerbesichtigung unter Beachtung sonstiger gesundheitlicher Schutzmaßnahmen grundsätzlich möglich.

17. Meine Schwester ist seit drei Wochen bei mir zu Besuch und sie würde jetzt wegen Corona länger bleiben. Muss ich das dem Vermieter melden?

Solange der Aufenthalt Ihrer Schwester als Besuch zu betrachten ist, ist eine Anmeldung beim Vermieter oder dessen Genehmigung nicht erforderlich. Denn ein Mieter darf in seiner Wohnung allein bestimmen, welche Gäste er wann empfängt.Dies gilt grundsätzlich auch bei längeren Zeiträumen. Insofern werden 4 bis 6 Wochen Aufenthaltsdauer regelmäßig für unproblematisch gehalten, wenn damit keine unerlaubte Daueraufnahme in den Haushalt verbunden ist. Eine feste Zeitgrenze für die Besuchsdauer gibt es aber nicht.

18. Meiner Nachbarin wurde jetzt die Wohnung gekündigt. Es wird Eigenbedarf angemeldet weil der Sohn des Eigentümers vor Privatinsolvenz steht. Kann Sie hier etwas dagegen unternehmen?

Ein Vermieter kann wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er die Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Dies ist nicht erst der Fall, wenn der Vermieter sich in einer Zwangslage befindet, sondern es genügt, dass der Vermieter die ernsthafte Absicht der Nutzung hat und dies auf vernünftigen Erwägungen beruht. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind oder die Kündigung als unberechtigt anzusehen ist, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Das Gleiche gilt für die Frage, ob der Mieter einer grundsätzlich berechtigten Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann, weil die Kündigung im Einzelfall für ihn eine unzumutbare Härte bedeutet würde. Ihre Nachbarin sollte sich hierzu schnellstmöglich individuell beraten lassen.

19. Uns wurde wegen vermeintlichem Eigenbedarf schon im Oktober gekündigt. Wir haben Widerspruch eingelegt. Haben aber auch versucht, was zu finden. Bisher erfolglos. Nun hat der Vermieter über einen Anwalt uns angeschrieben wir sollen bis zum 31.3. ausziehen. Wegen der Corona Krise ist zur Zeit fast nichts mehr möglich bezüglich Besichtigungen und auch fast keine Wohnungen am Markt. Wir sind ein 5 Personen Haushalt in Frankfurt, zur Zeit auch in unsicherer Einkommenslage. Kann der Vermieter uns bedrängen sofort auszuziehen?

Auch wenn die Kündigung der Wohnung ausgesprochen wurde, kann der Vermieter Sie nicht ohne Weiteres auf die Straße setzen. Eine zwangsweise Räumung setzt voraus, dass Sie in einem gerichtlichen Räumungsprozess zur Räumung verurteilt wurden. In einem solchen Prozess wird nicht nur geprüft, ob die Kündigung berechtigt ist, sondern gegebenenfalls auch, ob ein eingelegter Widerspruch des Mieters begründet und das Mietverhältnis deshalb (zeitlich befristet) fortzusetzen ist oder dem Mieter eine Räumungsfrist gewährt wird. Lassen Sie sich zu diesen Fragen individuell beraten.

20. Ich habe eine Mieterhöhung ab Mai. Dieser habe ich schriftlich noch nicht zugestimmt. Kann ich aufgrund meiner momentan sehr unsicheren Situation als Soloselbstständige den Vermieter bitten die. Erhöhung zu verschieben?

In der gegenwärtigen Situation gibt es keine Sonderregeln für Mieterhöhungen. Ist die Erhöhung nach den allgemeinen Regeln für Mieterhöhungen berechtigt, kann der Vermieter sie verlangen und muss der Mieter sie grundsätzlich zahlen. Vermieter und Mieter können aber, soweit der Vermieter dazu bereit ist, vereinbaren, dass die Erhöhung geringer ausfallen und/oder erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten soll.

21. Möchte ein Vermieter heute neu vermieten, stellt sich neben den Schwierigkeiten mit Besichtigungsterminen auch die Frage, ob der Mieter nach Einzug überhaupt die Miete zahlt oder sich auf Corona beruft und schon die ersten Mieten nicht zahlt. In so einem Fall wäre mit einem Leerstand der Vermieter besser dran, denn für nicht vermietete Wohnung müsste der Vermieter zumindest nicht die Kosten für Wasser, Heizung … auch noch vorstrecken. Was wäre ein gangbarer Weg für ein Vermieter?

Die verabschiedeten gesetzlichen Regelungen berücksichtigen das Interesse des Vermieters am Erhalt der Miete, indem sie den Mieter nicht von der Pflicht befreien, die Miete zu zahlen. Sie schließen allein das Kündigungsrecht des Vermieters aus, wenn und soweit Mietrückstände in der Zeit von April bis Juni 2020 entstehen und auf den Auswirkungen der Pandemie beruhen. Den Zusammenhang zwischen der Nichtzahlung und der Pandemie muss der Mieter im Streitfall glaubhaft machen. Dafür muss er Tatsachen darlegen, aus denen sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass die Nichtzahlung auf der Pandemie beruht, etwa, indem er Bescheinigungen des Arbeitgebers oder andere Nachweise über das Einkommen beziehungsweise einen Verdienstausfall vorlegt.

22. Wir besitzen eine (…) Gewerbeeinheit, die vermietet ist und in der ein (…) Café (…) betrieben wird/wurde. Im Zuge der Anti-Corona-Maßnahmen musste das Café schließen. Der Mieter bat uns nun, da Einnahmen für ihn fehlen, um eine Herabsetzung bzw. Aussetzung der Mietzahlung. Wir haben diesem Wunsch entsprochen und die Miete für den Monat April ausgesetzt. Da die Corona-Maßnahmen wohl für einen längeren Zeitraum bestehen bleiben werden, werden wir mit entsprechendem Mietausfall für einige Monate rechnen müssen, bei gleichbleibenden Kosten für uns (laufende Versicherungen, Kreditabzahlung u.a.). Meine Frage: Gibt es, bei den aufgelegten Maßnahmen der Bundesregierung zur Dämpfung der Corona-Krise auch einen Fond, aus dem unsere Ansprüche aufgefangen bzw. teilweise kompensiert werden könnten? Wo finde ich eine Anlaufstelle? Wer ist Ansprechpartner?

Aktuell beschränken sich die gesetzlichen Maßnahmen darauf, zum Schutz von Mieterinnen und Mietern die Kündigung wegen Zahlungsverzugs auszuschließen, wenn es um Mietrückstände in der Zeit von April bis Juni 2020 geht, die Mieterinnen und Mieter wegen der Auswirkungen der Pandemie nicht zahlen können. Ein Solidarfonds, der solche Rückstände für Mieterinnen und Mieter übernimmt und Vermietern die Miete zahlt, wird gegenwärtig politisch diskutiert, ist aber noch nicht eingerichtet.

02.04.2020/SB

Quelle: Einige Fragen und Antworten (Corona-Sprechstunde für Leserinnen und Leser der FR am 30.03.2020 mit Stefan Bentrop, DMB Justiziar)