„Hier wird bezahlbarer Wohnraum vernichtet“

„Hier wird bezahlbarer Wohnraum vernichtet“

Deutschlands größter Wohnungskonzern will nach der Sanierung seiner drei Drispenstedter Häuserblocks bis zu 38 Prozent mehr Miete kassieren

In Drispenstedt denken offenbar zahlreiche Mieter des Wohnungskonzerns Vonovia über einen Umzug nach. Grund: Der Konzern hebt nach der Sanierung seiner drei Hochhäuser in der Ehrlicherstraße die Mieten deutlich an. Davon sind fast 50 Parteien betroffen. „Hier wird ganz bewusst bezahlbarer Wohnraum vernichtet“, sagt Volker Spieth, Geschäftsführer des Mietervereins Hildesheim.

Vonovia spricht davon, dass die Erhöhung weit unter der gesetzlich erlaubten Steigerung liege. Erlaubt seien 3 Euro pro Quadratmeter. Die Erhöhungen in Drispenstedt lägen zwischen 1,50 und 1,97 Euro pro Quadratmeter.

Dem Konzern wird derzeit bundesweit vorgeworfen, mit Modernisierungen Geld zu verdienen. Vonovia gehören in Hildesheim 200 Wohnungen. Unter anderem die drei Hochhäuser mit jeweils 16 Parteien in er Ehrlicherstraße. Für Drispen-stedt hatte Vonovia schon während der Sanierung angekündigt, die Mieten nach Abschluss der Arbeiten erhöhen zu wollen. Konkrete Zahlen hatte der Konzern allerdings nicht vorgelegt. Die liegen jetzt vor – und sie lassen viele der Mieter schlucken.

Mehrere Parteien haben sich bereits an den Mieterverein gewandt. Darunter befindet sich auch eine 71-Jährige, die schon seit 1973 in einer der Wohnungen lebt. Sie hatte bisher eine Kaltmiete von 351 Euro und soll jetzt 486 Euro bezahlen – eine Erhöhung von fast 40 Prozent. „Ich habe eine ganz gute Rente, aber ich überlege jetzt trotzdem, ob ich noch mal umziehe“, sagt die Frau, die 45 Jahre in derselben Dreizimmerwohnung gelebt hat. Ihrer Aussage zufolge gibt es zahlreiche Mieter, denen es genauso gehe. Manche Familien, die auf Grundsicherung angewiesen sind, müssten auch ausziehen, weil das Jobcenter die Kosten nicht mehr tragen will.

Eine moderate Erhöhung, wie von Vonovia behauptet, sieht Mieterverein-Chef Spieth nicht. „Der Konzern verdient sich daran eine goldene Nase“, sagt er. Er beobachtet die Situation in Hildesheim mit wachsender Sorge. „Die Mieten steigen auf breiter Front, und seit zwei Jahren verschärft sich die Wohnungsnot.“

Vonovia bietet seinen Mietern an, vor einer möglichen Kündigung mit dem Konzern ins Gespräch zu kommen. „Selbstverständlich kann sich jeder Mieter auch jetzt noch an uns wenden, sollte er Sorgen haben, die Miete nicht bezahlen zu können“, sagt Sprecherin Benner. „Wir werden dann gemeinsam nach Lösungen suchen.“

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( c) 2018 Hildesheimer Allgemeine Zeitung vom 04.09.2018
Christian Harborth