Eigentümervertretung begrüßt Mietrechtsänderung – Mieterverein läuft Sturm

„Tiefer Eingriff in unser Rechtssystem“

Gutes Gesetz, schlechtes Gesetz – die Antwort hängt davon ab, wen man fragt. Die Einschätzungen zum neuen Mietrechtsänderungsgesetz könnten unterschiedlicher kaum sein: Während „Haus und Grund“ als Eigentümervereinigung die neuen Regelungen für „grundsätzlich positiv“ hält, findet der Mieterbund sie „unakzeptabel“ und fordert Änderungen.

Die Vertreter des Hildesheimer Mieterverereins Franz Berg (Vorsitzender) und Volker Spieth (Geschäftsführer) halten das vor wenigen Wochen im Bundestag verabschiedete Werk für ein „Mietrechts-Verschlechterungs-Gesetz“. Sie hoffen nun, dass der Bundesrat über den Vermittlungsausschuss noch eingreift. Denn aus ihrer Sicht benachteiligt der vorliegende Entwurf Mieter und diene ausschließlich den Eigentümerinteressen, deren Rechte ausgehöhlt würden. Ein Beispiel: Auch wenn es zu Lärm- und anderen Belästigungen kommt, sollen künftig während energetischer Sanierungen für die ersten drei Monate keine Mietminderungen erlaubt sein. Aus Bergs Sicht keine Kleinigkeit, sondern ein „tiefer Eingriff in unser Rechtssystem“, da der Anspruch, die Miete zu mindern „seit 100 Jahren gilt“. Dieser grundsätzlich zugesicherte Anspruch werde mal eben ausgehebelt – und das ohne wirkliche Not, meint Berg. Denn bisher würden „vielleicht zwei von zehn Mietern“ davon Gebrauch machen. Man könne also kaum davon reden, dass dieser Anspruch Eigentümer daran hindern würde, ihre Häuser und Wohnungen zu sanieren. Stattdessen werde nun die Zahl der Klagen gegen die neuen Eingriffe zunehmen, prognostiziert Berg.

„Haus und Grund“ hingegen begrüßt die geplante Änderung und erklärt: „Vermieter werden für ihre Investition in den Klimaschutz nicht mehr bestraft.“ In einem weiteren Punkt gehen die Meinungen deutlich auseinander, der so genannten die Sicherungsanordnung. Der Vermieter kann nach der Gesetzesänderung in einem laufenden Räumungsprozess beantragen, dass der Mieter für künftige Mieten Sicherheitsleistungen bei Gericht hinterlegen muss. Zahlt der Mieter diese nicht, kann er per einstweiliger gerichtlicher Verfügung aus der Wohnung geworfen werden. Aus Sicht der Eigentümer-Vertretung ist dies eine Unterstützung im Vorgehen gegen „Mietnomaden“.

Volker Spieth hingegen hält diese Argumentation schlicht für einen „Witz“, die so genannten „Mietnomaden“ seien kein Massenphänomen, wie immer wieder suggeriert werde. Er zitiert eine Studie aus dem Jahr 2010, die im Auftrag des Bundesbauministeriums erstellt wurde. Demnach seien bundesweit innerhalb von fünf Jahren 200 Fälle registriert worden, die man als „Mietnomadentum“ bezeichnen könnte – dies seien lediglich 0,0005 Prozent aller deutschen Mietverhältnisse, so Spieth, und damit kein Grund für unverhältnismäßige Eingriffe in die Mieterrechte. Stattdessen sollte eine gesetzliche Begrenzung der Neuvertragsmieten eingeführt werden, fordern die Mieter-Interessenvertreter, um bezahlbaren Wohnraum für alle zu garantieren und drastisch steigenden Mieten entgegen zu wirken.

Möglich, dass der Bundesrat nun tatsächlich noch eine Änderung der Gesetzesänderung ganz im Sinne des Mieterbunds durchsetzt. Denn dort haben nach der niedersächsischen Landtagswahl SPD und Grüne eine Mehrheit – und diese hatten im Bundestag nicht für die neuen Regelungen gestimmt.

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(c) 2013 Kehrwieder am Sonntag vom 20.01.2013