Fahrenheitsgebiet: Mieter halten Kosten für zu hoch

Jobcenter legt Mietern Auszug nahe
Hildesheim (cha). Beim festgefahrenen Streit zwischen den Mietern des Fahrenheitgebiets und dem Vermieter, der Wertinvestition GmbH aus Sarstedt, sollen Energieberater die Situation entschärfen. Sie kommen auf Wunsch in die Wohnungen, um Ratschläge zur Senkung der Nebenkosten zu geben. Das Angebot ist nicht neu, gewinnt aber vor dem Hintergrund der gescheiterten Mediation an Bedeutung. „Wichtig ist es, dass der Vermieter und die Mieter wieder ins Gespräch kommen“, sagt Hildesheims Sozialdezernent Dirk Schröder. Am Montag wollen sich Vertreter der Stadt, des Mietervereins und der Grünen treffen, um zu überlegen, wie es weitergehen soll.

Bisher sind die Gespräche zwischen den Parteien ohne Bewegung. Die Mieter beklagen deutlich gestiegene Warmmieten, die ihre Wohnungen inzwischen mit zu den teuersten im Stadtgebiet machen. Der Mieterbund, der rund 30 Fahrenheit-Parteien vertritt, wittert gar eine Strategie des Vermieters dahinter: Verdrängung durch Aufwertung. Zusätzliche Nahrung bekommt dieser Verdacht durch rund 60 Briefe des Jobcenters an Mieter. Darin legt das Jobcenter den Frauen und Männern, deren Miete vom Staat bezahlt wird, nahe, erneut mit dem Vermieter um eine günstigere Miete zu verhandeln oder sich alternativ eine billigere Wohnung zu suchen. „Meiner Meinung nach gibt es dort durchaus noch Potenzial, die Nebenkosten zu reduzieren“, sagt Jobcenter-Chef Horst Gabriel. Die Grenze, bis zu der die Miete gezahlt werde, sei keine Erfindung des Jobcenters, sondern stehe in den Vorgaben des Landkreises. Laut Bewohner initiative Fahrenheit und Mieterverein bekommt ein erheblicher Teil der Wertinvestition-Mieter diese Unterstützung vom Jobcenter. Die Rede ist von zwei Drittel.

„Die kommen erst richtig in Fahrt“

Viele von ihnen haben beim Vermieter Widerspruch gegen die Nebenkosten eingelegt und leisten gerade noch die Vorauszahlung für Heizung und Heißwasser. Wertinvestition-Chef Werner Ströer spricht von 250 000 Euro, die sein Unternehmen inzwischen vorgestreckt habe, damit den Mietern nicht der Gashahn zugedreht wird. Diese Summe halten die Mieter allerdings für deutlich überzogen. „Diese Summe stimmt hinten und vorne nicht“, sagt Hans-Jürgen Stroczinski von der Bürgerinitiative Fahrenheit.

„Die kommen gerade erst richtig in Fahrt“, grantelt Mieterverein-Geschäftsführer. Volker Spieth in Richtung Wertinvestition. Er und die Mieter, die sich unter dem Dach der Bewohner initiative Fahrenheit zusammengeschlossen haben, vermuten System hinter den Entwicklungen. Wertinvestition habe das Gebiet von der gbg gekauft, aufgemöbelt und versuche jetzt, sich finanziell besser ausgestattete Mieter zu holen, so ihr Verdacht. Wertinvestition weist dies entschieden zurück. Die meisten Schwierigkeiten seien von den Mietern selbst zu verantworten und beträfen nur eine Minderheit.

Neben den ihrer Meinung nach zu hohen Preisen für die Heizung blicken die Mieter auch argwöhnisch auf die weiteren Nebenkosten. Müllabfuhr, Straßenreinigung, Gartenpflege und weiteres – in den neuen Mietverträgen seien viele der aufgeführten Posten nicht mehr nachvollziehbar, moniert Spieth. Darunter fänden sich Posten wie eine Antennengebühr oder Kosten für Schädlingsbekämpfung. „Bisher habe ich meine Abrechnungen immer nachvollziehen können, inzwischen aber nicht mehr“, sagt Horst Remy-Stepaniv. Trotzdem setzen die Mieter aus dem Fahrenheit-Gebiet auf eine gütliche Einigung. „Die Mediation hätte nicht scheitern müssen“, sagt Spieth.
„Wir sind weiterhin gesprächsbereit.“

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(c) 2010 Hildesheimer Allgemeine Zeitung vom 23.10.2010