Neuer Hausherr für Johannishof-Mieter

Stadt will 91 Wohnungen ihrer Sozialstiftung für 1,7 Millionen Euro an Unternehmer Christian Beilicke verkaufen

Hildesheim (br). Die Stadt will zwölf Häuser mit insgesamt 91 Wohnungen an eine Firma des Unternehmers Christian Beilicke veräußern. Am Montag entscheidet der Rat, der Kaufpreis soll nach Informationen dieser Zeitung 1,7 Millionen Euro betragen. Der Mieterverein befürchtet, dass durch den Verkauf das Angebot an kleinen, preiswerten Wohnungen in der Stadt schrumpft.

Die Gebäude gehören allesamt der kommunalen Johannishofstiftung, sie stammen aus den 1920er Jahren. Nach Angaben der Verwaltung hat der Zahn der Zeit tiefe Spuren in den Häusern in der Martin-Luther-Straße, Posthofstraße, Richthofenstraße und Alfelder Straße hinterlassen: Das Rathaus beziffert den Sanierungsbedarf auf zwei Millionen Euro. Diesen Betrag will die klamme Stadt durch den Verkauf sparen und den Verwaltungsaufwand noch dazu.

Ausgaben, von denen sich drei private Unternehmen nicht schrecken lassen. Sie haben Angebote für das Wohnungspaket eingereicht, die Summen reichen von 1,4 bis etwa 1,7 Millionen Euro. Das wäre bis zu neunmal so viel Geld, wie die Wohnungen derzeit jährlich als Miete einbringen. Da muss man zuschlagen, meint die Mehrheit der Mitglieder im Verwaltungsausschuss – und sprach sich dafür aus, der Firma Christian Beilicke Vermögensverwaltungs KG als Höchstbietendem den Zuschlag zu erteilen. Beilicke hat sich als Projektentwickler einen Namen gemacht, seine Firma Hanseatic bringt neues Leben in das Ex-Phoenixgelände auf dem Moritzberg. Ob das Unternehmen auch bei den 66 Nordstadt- und 25 Südstadtwohnungen der Johannishofstiftung zum Zuge kommt, entscheidet sich am Montag.

Doch das Ergebnis steht schon fest, Vorbehalte gibt es nur bei den Grünen. Ihr Fraktionsmitglied Volker Spieth lehnt, auch als Geschäftsführer des Mietervereins, das Abstoßen der Stiftungswohnungen ab. Zwar breche Kauf die Miete nicht, auch müssten die Bewohner keine anderen Verträge mit den neuen Hausherren abschließen. „Doch das wissen viele nicht“, sagt Spieth. Wer unterschreibe, verschlechtere wahrscheinlich seine Rechtsposition, weil zum Beispiel zusätzliche Renovierungspflichten auf ihn zukommen könnten.

Auf jeden Fall steigt die Miete. Derzeit bewegt sich die Kaltmiete in den zwölf Häusern zwischen 2,33 und 4,94 Euro pro Quadratmeter, künftig werden es – nach einer Sanierung – rund 5 Euro sein, heißt es offenbar in Beilickes Angebot „Es ist natürlich davon auszugehen, dass die Sanierungskosten umgelegt werden“, sagt Rathaussprecher Horst Richter. Die Kosten müssten ja wieder hereinkommen.

Spieth befürchtet aber Folgen für eine größere Gruppe als nur die Mieter der Johannishofstiftung. So mangele es in der Stadt ohnehin an preiswerten Wohnungen zwischen 31 und 60 Quadratmetern für Bedürftige, das Katasteramt habe im vergangenen Jahr für dieses Segment einen Anstieg von 4,95 auf 5,30 Euro ermittelt: „Das ist nicht gerade ein knapper Sprung.“ Nun werde ausgerechnet in diesem Teil des Wohnungsmarktes das Angebot noch verknappt, dadurch dürfte stadtweit der Preis in dieser Gruppe weiter steigen.
Damit schade sich die Stadt finanziell selbst, warnt Spieth. Denn von den Bewohnern seien einige Hartz-IV-Empfänger, und für die überweise das Rathaus die Miete. Außerdem verringere die Stadt ihre Zugriffsmöglichkeiten auf Wohnungen, um jenen Menschen ein Dach über dem Kopf zu besorgen, die dies aufgrund ihrer Lebenslage allein nicht finden. „Wir können nicht alle in Obdachlosenheimen unterbringen.“
Dass der neue Eigentümer in spe versichert, die Wohnungen nicht weiter zu verkaufen, tröstet Spieth nicht. „Daran muss er sich nicht halten.“ Ob die Stadt diese Zusage vertraglich fixiert, konnte Sprecher Richter noch nicht sagen. Christian Beilicke wollte sich vor dem Ratsbeschluss öffentlich nicht äußern. Er verspricht aber: „Die Mieter müssen sich überhaupt keine Sorgen machen.“

Der Verkauf steht am Montag im nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung auf der Tagesordnung – wie bei Immobiliengeschäften üblich. Zuhörer sind dabei nicht zugelassen.

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(c) 2008 Hildesheimer Allgemeine Zeitung vom 05.07.2008