Gaspreise-Kritiker hoffen auf Rückenwind vom BGH

Mieterverein und Haus- und Grundeigentümerverein ziehen an einem Strang

Hildesheim (ha). Mit Spannung warten die Kritiker mutmaßlich zu hoher Gaspreise auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH). Das entscheidet am 14. März über eine Verbraucherklage, die ausgerechnet ein pensionierter Richter angestrengt hat. Danach soll das Gericht prüfen, ob eine zehnprozentige Gaspreiserhöhung der Heilbronner Versorgungsgesellschaft zum 1. Oktober 2004 rechtens ist.

Auch in Hildesheim hat sich, wie berichtet, vor einigen Monaten ein loser Zusammenschluss „Faire Gaspreise für Hildesheim“ gegründet. 100 Gleichgesinnte, so der Sprecher Hans Lassalle, hätten sich dem Kreis inzwischen angeschlossen. Doch nicht nur die Interessengemeinschaft plagt Zweifel an der Gaspreiskalkulation der Stadtwerke-Tochter EVI, auch der Haus- und Grundeigentümerverein Hildesheim und Umgebung mit Geschäftsstellenleiterin Kerstin Mittmann und der Mieterverein mit Geschäftsführer Volker Spieth warten auf das Urteil aus Karlsruhe. Denn die Nebenkosten stehen längst im Ruf, sich zur zweiten Miete aufgebläht zu haben – was nicht nur die Portemonnaies der Mieter belastet. Auch für die Vermieter wird es laut Mittmann damit immer schwerer, für ihre Wohnungen noch angemessene Mieteinnahmen zu erzielen.

Die Gaspreissenkung der EVI zum Jahresbeginn kann ihre Bedenken nicht aus dem Weg räumen. „Von September 2004 bis Ende 2006 sind die Gaspreise im Normaltarif um 59 Prozent gestiegen“, rechnet Lassalle vor – und hält das für alles andere als normal. Anfang des Jahres hatte das Bundeskartellamt erstmals einen Preisvergleich von mehr als 700 Anbietern bundesweit veröffentlicht – Hildesheim lag damals je nach Abgabemenge auf den Plätzen 445, 456, 494 und 500. Da als Stichtag der Erhebung der 15. November 2006 genommen worden war, konnte das Bundeskartellamt die jüngste Preissenkung nicht mehr berücksichtigen.

Am 12. Januar wurde die Liste korrigiert, nicht aktualisiert. Danach rutschte die EVI beim Jahresverbrauch von 35 000 Kilowattstunden (freistehendes Einfamilienhaus) vom 494. auf den 513. Platz, in der Verbrauchsrechnung 20 000 Kilowattstunden (Einfamilienhaus) vom 445 auf den 462. Platz.

„Die aufgelisteten Gaspreise lassen für sich genommen noch nicht Rückschlüsse auf die Missbräuchlichkeit oder Unbilligkeit der Preise zu“, stellte das Bundeskartellamt allerdings klar. Dennoch erscheint es der IG sonderbar, dass bei einem Verbrauch von 7000 Kilowattstunden (das entspricht in etwa dem Jahresverbrauch in einer Wohnung mit Gastherme) in Soltau 381 Euro fällig werden, in Heilbronn 560,10 Euro und in Hildesheim 497,44 Euro – was der EVI im Kartellamtsranking einen bescheidenen Platz 521 einbrachte.
Das Auf und Ab der Gaspreise hängt wesentlich mit dem Ölpreis zusammen: Wenn der steigt, steigt – mit einigen Monaten Zeitverzug – auch der Gaspreis. Wenn der Ölpreis sinkt, was in der Vergangenheit nur selten der Fall war, gehen auch die Gaspreise nach unten. Gesetzlich vorgeschrieben ist diese Kopplung nicht, für die Gaspreiskritiker ist diese Praxis daher mehr als fraglich. Zudem ist ihnen die Preiskalkulation für die Netznutzungsentgelte nach wie vor nicht ausreichend belegt. Mit dem Urteil des BGH zum „Billigkeitsparagraphen“ hoffen sie nun auf eine Weichenstellung für mehr Transparenz. „Dann wissen wir endlich, wo es langgeht“, zeigt sich Spieth erwartungsvoll.

Bis dahin raten alle drei Gruppen ihren Mitgliedern und Unterstützern, Rechnungen nur unter Vorbehalt zu bezahlen und Preiserhöhungen nicht widerstandslos zu akzeptieren. Für Interessierte gebe es Merkblätter, wie man den Protest angeht. Auf keinen Fall sollte man jedoch die Zahlungen einfach einstellen oder ohne plausible Begründung die Rechnung „Pi mal Daumen“ (Lassalle) kürzen. Dann nämlich können die Versorger den Gashahn ganz zudrehen. Nach dem BGH-Urteil will die Interessengemeinschaft zur nächsten Versammlung einladen und beratschlagen, wie sie weiter vorgehen will und ob eine Sammelklage sinnvoll sein könnte.

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(c) 2007 Hildesheimer Allgemeine Zeitung vom 19.02.2007